30. Januar 2026 · 20.00 Uhr

Johann von Bülow, Rezitation
Rahel Rilling, Violine
Gabriel Adorján, Violine
David Adorján, Cello

„Der Untergeher“
von Thomas Bernhard

Der Erzähler in dem 1983 publizierten Werk wohnt in Madrid und schreibt eine Arbeit über den kanadischen Pianisten Glenn Gould, »den wichtigsten Klaviervirtuosen des Jahrhunderts«, der, auf dem Gipfel seiner Kunst, aufhörte zu spielen. In Madrid erreicht den Erzähler ein Telegramm, das das Begräbnis seines Freundes Wertheimer anzeigt, der sich umgebracht hat. Die drei hatten sich in Salzburg bei einem Musikkurs von Horowitz kennengelernt. Bald stellte sich heraus: Glenn Gould war das größte Genie. Unter dem Eindruck der Übermacht dieses Genies wurde der Erzähler zu einem »Weltanschauungskünstler«, zum Kritiker seiner Zeit und besonders zum Kritiker Österreichs, Wertheimer dagegen stürzte in eine unumkehrbare Existenzdepression.

Im Zentrum der Gedanken in „Der Untergeher“ steht die Reflexion, der ausführliche Vergleich des Ich-Erzählers mit Wertheimer, der zur Konfrontation zweier unterschiedlicher Lebensmodelle bei gleich gelagerter Ausgangsposition wird.

Johann von Bülow leiht dieser tragischen, aber auch humoristischen Erzählung nun seine Stimme und arbeitet gekonnt diese Nuancen zwischen Weinen und Lachen heraus. Dazu erklingt das Musikstück, was bis heute, fast in einem Atemzug mit Glenn Gould genannt wird, die Goldbergvariationen von Johann Sebastian Bach in einer selten gespielten Besetzung, durch ein Streichtrio mit David Adorján, Rahel Rilling und Gabriel Adorján.

Thomas Bernhard (1931-1989) zählt zu den bedeutendsten österreichischen Schriftstellern. In über vierzig Sprachen übersetzt, gilt er heute als Weltautor. Er hat als Autor von Gedichten, Erzählungen, Romanen und Theaterstücken ein Gesamtwerk geschaffen, das zu den bedeutendsten schriftstellerischen Leistungen des 20. Jahrhunderts zählt. Nach wie vor und über den deutschsprachigen Raum hinaus vermag Bernhards Werk sowohl eine nachhaltige Resonanz beim Publikum als auch eine immer wieder kontrovers geführte wissenschaftliche Auseinandersetzung hervorzurufen. 1963 gelang ihm nach der Veröffentlichung mehrerer Lyrikbände mit dem Roman Frost der literarische Durchbruch. In rascher Folge erschienen zahlreiche weitere Romane und Erzählungen: Amras (1964), Verstörung (1967), Das Kalkwerk (1970), Korrektur (1975), Der Untergeher (1983), Alte Meister (1985) und Auslöschung (1986). Ab 1970 wurde Bernhard auch zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Dramatiker, insgesamt achtzehn Theaterstücke wurden uraufgeführt. Öffentliche Anerkennung wurde ihm unter anderem mit der Verleihung des Georg-Büchner-Preises (1970), des Premio Letterario Internazionale Mondello (1983) und des Prix Medicis (1988) zuteil.

Johann von Bülow

Schon mit seinem Einstand als Schauspieler machte sich Johann von Bülow einem breiten Publikum bekannt: 1995 besetzte ihn Hans-Christian Schmid an der Seite von Franka Potente und Axel Milberg in der Kino-Komödie „Nach fünf im Urwald“, die mehrfach mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Dem großen Leinwanderfolg gleich zu Beginn seiner Karriere ließ er ein festes Engagement am Staatstheater Mainz folgen. Gleichzeitig entdeckte ihn auch das Fernsehen für sich. 1996 stand Johann von Bülow als Teil des Ensembles in dem Oberstufen-Drama „und morgen fängt das Leben an“ vor der Kamera, worauf unzählige Gastauftritte in bekannten TV-Serien folgten.

Seine Vielseitigkeit stellte Johann von Bülow ab 2000 auch auf der Bühne des Schauspielhauses Bochum unter Beweis, so etwa in der Titelrolle von Friedrich Schillers „Don Carlos“, als Sänger bei Liederabenden und in multiplen Parts in Helge Schneiders Revue „Mendy – Das Wusical“, deren Bühnenmitschnitt auch beim TV-Publikum Anklang fand. Mit „3° Kälter“ kehrte Johann von Bülow 2005 auf die Kinoleinwand zurück. Das Beziehungsdrama wurde im selben Jahr mit dem Silbernen Löwen für den Besten Nachwuchsfilm beim Internationalen Filmfest Locarno geehrt. Neben Auftritten im leichten Fach waren es vor allem die tragischen Rollen, mit denen Johann von Bülow beim Publikum zunehmend reüssierte. So als Pfarrer im semi-fiktionalen TV-Drama über Clemens von Brentanos Leben, „Das Gelübde“ oder im Drama “Das Fremde in mir“, das 2008 mannigfache Preise auf Festivals in Frankreich, Belgien, Brasilien und Argentinien errang. Einen Ausflug in internationale Gefilde machte Johann von Bülow als österreichischer Pilot eines entführten Flugzeugs in der dreiteiligen Terroristen-Saga „Carlos – der Schakal“ was prompt 2011 mit einem Golden Globe in der Kategorie Best Mini-Series belohnt wurde.

In zwei historischen Stoffen, die auf wahren Begebenheiten beruhen, konnte man Johann von Bülow 2014 im Kino sehen. Zum einen als Anwalt im Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 in „Im Labyrinth des Schweigens“ (Shortlist für den Auslands-Oscar 2016) und zum anderen in der Rolle des Heinrich Müller, Leiter der Gestapo und somit Hauptverantwortlicher für die Ermordung des Widerstandskämpfers Georg Elser im gleichnamigen Kinofilm „Elser“. Mit „Frantz“, der im September 2016 in die Kinos kam, feierte Johann von Bülow im Wettbewerb der 73. Internationalen Filmfestspiele von Venedig Weltpremiere. Außerdem war er mit den Filmen „Mein Blinddate mit dem Leben“ und „Rock my Heart“ 2017 in den Kinos zu sehen. Zwischen 2018 und 2021 folgte die ZDF-Krimiserie „Herr und Frau Bulle“, sowie SWR-Tatort Damian und „Rufmord“. Es folgten Auftritte in „Was zählt“, „Das Boot“, „Ein Schitt zum Abgrund“, „Parlement“ sowie das Musikdrama „Tár“, welches für insgesamt sechs Oscars nominiert war und auf den 73. Internationalen Filmfestspielen Berlin Weltpremiere feierte.

Foto: © Nils Schwarz

Rahel Maria Rilling

Rahel Maria Rilling, geboren in Stuttgart, entstammt einer renommierten Musikerfamilie. Sie erhielt ihren ersten Geigenunterricht im Alter von vier Jahren. Rahel Rilling ist eine international gefragte vielseitige Musikerin. Als Solistin spielte sie mit diversen Orchestern, wie dem Orchestra Sinfonica di Milano, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Elbphilharmonieorchester Hamburg, der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz sowie dem von Gustavo Dudamel geleiteten Orquesta Sinfonica Simon Bolivar in Caracas/ Venezuela und spielt regelmäßig bei den Berliner Philharmonikern. Ihre große Leidenschaft gilt jedoch der Kammermusik. 2006 gründete Rahel Rilling ihr eigenes Kammermusik Festival Hohenstaufen, das seither jeden Herbst in der Nähe von Stuttgart stattfindet. Außerdem initiierte sie das Hohenstaufen Ensemble, das auf der ganzen Welt gastiert und die Musik ihres jüdischen Urgroßvaters Robert Kahn auf einer CD bei dem Klassik- Label Hänssler herausbrachte. Neben der so genannten E-Musik gilt ihr Interesse auch Jazz, Pop und elektronischer Musik. Sie gehört dem Streichquartett Die Nixen an, dessen Repertoire sowohl klassische Kammermusik, als auch zum Teil selbst arrangierte Bearbeitungen von Jazz- und Popstücken umfasst. Außerdem ist sie auf diversen Kabarettbühnen zuhause, trat mit Ute Lemper am Broadway auf, mit Katharina Thalbach, den Geschwister Pfistern und Pigor, und ist Mitglied der Gruppe „Salut Salon“. Rahel Rilling spielt eine Violine von Tomaso Balestrieri, Cremona, aus dem Jahre 1767. Sie lebt in Berlin.

Foto: © Meike Kenn

Gabriel Adorján

Gabriel Adorján stammt aus einer Münchener Musikerfamilie und erhielt seinen ersten Violinunterricht im Alter von vier Jahren. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er im Alter von sieben Jahren bei der Weihnachtsfeier seines Fußballvereins TSV Grünwald. Wenig später musste er sich zwischen einer Fußballer- und Musikerlaufbahn entscheiden. Damals schweren Herzens entschied er sich für die Kunst. Er studierte bei Prof. Ana Chumachenco, Aaron Rosand und Prof. Igor Ozim, und ist Preisträger vieler internationaler Wettbewerbe, u. a. ARD-Wettbewerb und Paganini-Wettbewerb. Als Solist spielte er u. a. mit den Münchner Symphonikern, dem Berner Symphonieorchester, der Staats-phiharmonie Rheinland-Pfalz und dem Orchester der Komischen Oper Berlin unter Dirigenten wie Kirill Petrenko, Theodor Guschlbauer und Markus Poschner. Gabriel Adorján konzertiert als Mitglied des Zürcher Klaviertrios sowie in verschiedenen anderen kammermusikalischen Besetzungen im In- und Ausland. Als Konzertmeister der Bayerischen Kammerphilharmonie prägt er seit vielen Jahren das Augsburger Musikleben. Seit 2001 lebt Gabriel Adorján in Berlin, ist 1. Konzertmeister im Orchester der Komischen Oper Berlin und seit 2008 Künstlerischer Leiter des Deutschen Kammerorchesters Berlin. Als gefragter Gast-Konzertmeister spielt er häufig in Orchestern wie dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, der Staatskapelle Dresden und dem Bayerischen Staatsorchester.

Foto: © Cehie Kim

David Adorján

David Adorján, 1972 in Köln geboren, erhielt seinen ersten Cellounterricht im Alter von fünf Jahren. Später studierte er bei Jan Polasek, Frans Helmerson und Heinrich Schiff. 1993 erhielt der Musiker den Kulturförderpreis Gasteig, ein Jahr darauf wurde er beim Internationalen Cellowettbewerb in Gorizia (Italien) mit dem Ersten Preis ausgezeichnet. Seit 1999 ist David Adorján Solo-Cellist des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin. Als Solist konzertierte er mit verschiedenen Orchestern in Deutschland, Italien, Frankreich, der Türkei, Slowenien, Österreich, Japan und in Südamerika unter der Leitung von Dirigenten wie Michael Gielen, Christopher Hogwood und Mariss Jansons. Zu seinen musikalischen Partnern zählen Künstler wie Renaud Capuçon, Amihai Grosz, Giovanni Guzzo, Jörg Widmann und Annika Treutler. Gemeinsam mit seiner Frau Rahel Rilling plant und leitet David Adorján das renommierte Kammermusik Festival Hohenstaufen, das 2020 sein 15-jähriges Jubiläum feierte. Zahlreiche Rundfunk- und CD-Produktionen dokumentieren seine künstlerische Arbeit, darunter die zuletzt erschienene Pentatone-Einspielung ›Soirée‹ für Mezzosopran und Kammerensemble, auf der er an der Seite von Magdalena Kožená, Sir Simon Rattle und weiteren Musikern Lieder u. a. von Brahms, Dvořák, Ravel und Strawinsky interpretiert. Im Jahr 2023 erschien bei Hännsler Classics eine CD mit Werken von Robert Kahn, die mit dem Opus Klassik für die ›Kammermusik Einspielung des Jahres‹ ausgezeichnet wurde. David Adorján spielt ein Instrument von Alexandre Breton, Berlin 2020.

Foto: © Peter Adamik